Jenö Konrad, Franz Salomon und der Club

Der 1. FC Nürnberg hat am Dienstag, den 22.01.2012 um 19:00 Uhr in die Turnhalle am Valznerweiher geladen, um ein dunkles Kapitel seiner Geschichte aufzuarbeiten. Kurzer Rückblick wie es dazu kam: Die Ultras Nürnberg hatten zum Derby gegen die Roten Münchner eine wunderschöne Choreo über die komplette Nordkurve gezeigt, die das Konterfei von Jenö Konrad zeigte, die mit dem Spruch “Der Club war der erste. Und muss der erste werden.” abgerundet wurde. Der Verein zeigte sich begeistert, selbst die Regionalepresse sprang auf den Zug auf und lobte die sonstigen “Taliban der Fans” (O-Ton Maischberger). 

Und so kam dem Verein die Idee, zu einer Veranstaltung zu laden die neben Jenö Konrad auch alle im Zuge des Nationalsozialismus rausgeworfenen Mitglieder gedenke. Damit will der Verein den Anfang machen um seine 113jährige Geschichte aufzuarbeiten. Dafür wurde extra die Tochter von Jenö Konrad, Evelyn Konrad, aus New York einzufliegen.

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Rund 300 Fans und Gästen waren dem Aufruf gefolgt, wobei es bei besseren Wetterverhältnissen wohl mehr geworden wären. Unter den Anwesenden war ein Teil der Mannschaft (Simons, Cohen, Chandler, Pinola, Balitsch sowie das Trainer Team Wiesinger und Reutershahn), ein Teil des Aufsichtsrates, der Alt-Präsident Michael A. Roth und der Pokalsieger-Trainer Hans Meyer. Und jene konnten den schönen Aufbau der Veranstaltung sehen. Auf Riesentafeln war das Spruchband der Choreo zu sehen und in der Mitte prangerte eine Riesen Leinwand. Mit kleiner Verspätung eröffnete Martin Bader die Veranstaltung und bedankte sich bei allen anwesenden und besonders bei Evelyn Konrad. Danach übernahm Katharina Wildermuth das Ruder und von dem Staatstheater-Schauspieler Michael Nowack wurde als erstes der Ausschlussbrief vorgelesen, den jüdische Mitglieder erhielten. 

Danach kam der Club-Archivar Bernd Siegler aufs Podium und erzählte einige interessante Anekdoten zum 1. FC Nürnberg in der NS-Zeit. So war der Glubb einer ersten Vereine, der jüdische Mitglied ausschloss. Auch gab es ein Treffen des Süddeutschen Fußballverbandes, bei welchem Beschlossen wurde das es keine jüdischen Mitglieder in der Mannschaft oder den wichtigen Positionen im Verein geben soll. Ebenso erfuhr man, das die Siegesfeiern der Meisterschaft 1936 und der Pokalsiege 1935 und 1939 von der NSDAP ausgerichtet und so für ihre Propaganda-Zwecke genutzt wurden. 

Danach kam der Hauptteil des Abends, Evelyn Konrad betrat das Podium und verzauberte alle Anwesenden. So hat sie mit 77 (!) Jahren ihr Jura-Studium abgeschlossen und arbeitet in New York als Rechtsanwältin. Bernd Siegler erzählte wie 1996 der Kontakt zu Evelyn entstand. Es folgte ein langer Film über Jenö Konrad, der seine Karriere und seinen Weg beleuchtete. So erfuhr man das bei der USA Tour des Glubbs 1955, beim Spiel gegen FC Sunderland in New York, Jenö Konrad vor Ort war und nochmal “seinen” Glubb sah. Danach schrieb er einen Brief an die Vereinsleitung in der er sich für 23 schöne Monate in Nürnberg bedankte.

Evelyn Konrad erzählte von der Odyssee nach der Flucht aus Nürnberg und wie der Fußball ihnen immer wieder Unterschlupf brachte. Auch bei der Auswanderung in die USA konnte Vati, wie sie ihn immer liebevoll nannte, nur Dank seines Trainer-Jobs auf das Schiff einer Einzelperson. Die Anekdote wie Evelyn als kleines Kind mit ihrem Vati in dessen Auto durch die Stadt fuhr und ihnen viele Buben hinterherrannten um ein Autogramm vom Trainer zu erhalten. Alles sehr liebevoll und interessant erzählt von Evelyn.

Christian Mössner von den Ultras Nürnberg nahm dann auf dem Podium Platz und sollte etwas zu der Choreo erzählen. Als erstes folgte aber das Video der videocurvanord:

Danach erzählte Mössner wie die Idee zur Choreo entstand und das man rund 8 Wochen daran arbeitete. Mössner fragte dann auch ob Evelyn ihren Vati auf dem Konterfei erkannt hätte, diese Antworte das es gut war den Namen drunter zu schreiben. Danach kam der Abend zum Ende, aber es wurden noch Jenö Konrad zum Ehrenmitglied ernannt und eine Gedenktafel zum Gedenken der 1933 ausgeschlossenen jüdischen Mitglieder enthüllt. Evelyn erzählte dann noch wie bescheiden ihr Vati war, aber sie wäre nicht so und fragte ganz frech ob sie auch Mitglied beim Club werden dürfte. Natürlich bejahte Martin Bader diese Frage.

Mit dem Motto “Der Club – Fußballkultur seit 1900” wurde der Abend beendet. Nach rund 1,5 Stunden ging ein kurzweiliger, aber hochinteressanter Abend zu Ende. Man kann stolz sein auf einen Verein, der seine Geschichte versucht aufzuarbeiten.

Der Club war der erste. Und muss der erste werden.

Links:
FCN.de: Nürnberg Ultras erinnern an Jenö Konrad
FCN.de: Evelyn Konrad durchflutete das dunkle Kapitel mit Licht 
NZ: Arrangement mit den braunen Machthabern
NN: Wie eine 84-Jährige den Club verzaubert
Nordbayern.de: Der 1. FC Nürnberg demonstriert Geschichtsbewusstsein
BR: Club rehabilitiert jüdische Ex-Mitglieder
AZ: Der Club und seine Vergangenheit
BR: Verein mit Vergangenheit 
ClubTV: Veranstaltung Evelyn Konrad
Kurvenfunk Sendung

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